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südlicher Niederrhein
Tour und Text von Mechthild Lohmann Informationen zum und Radtouren vom Autor

südlicher Niederrhein

Mönchengladbach - Nettetal - Geldern - Kempen - Mönchengladbach

Unsere Radtour

1. Tag:

Eine dünne Schicht Raureif bedeckt die Narzissen und Stiefmütterchen in den Vorgärten am frühen Morgen, als wir aus dem Haus treten und die gepackten Satteltaschen auf unsere Fahrräder laden. Wir knöpfen die Anoraks fest zu, streifen die Handschuhe an und machen uns auf den Weg zum Aachener Hauptbahnhof. Unser Kurzurlaub hat begonnen. Es ist Donnerstag vor Ostern. Wir starten zu unserer alljährlichen Osterfahrradtour. Diesmal ist Mönchengladbach unser Ausgangspunkt. Am Fahrkartenautomaten stellt sich heraus, dass man gewisse Vorkenntnisse braucht, um die günstigsten Fahrkarten für 4 Personen mit Fahrrädern zu erwischen. Gut, dass wir genügend Zeit eingeplant haben. In den Aufzug zum Bahnsteig passen wir zu zweit mit bepackten Rädern knapp hinein. Da steht schon der Regionalexpress abfahrbereit. Wir schieben die Räder in den hinteren Mehrzweckwagen und finden neben einem Rollstuhlfahrer mit seiner Begleitung bequem Platz.

Eine Stunde später begrüßen wir unsere Freunde auf dem belebten Bahnhofsvorplatz in Mönchengladbach. Sie sind gerade mit dem Zug aus dem westfälischen Hagen dort angekommen. Nur Reinhard fehlt noch. Er meldet per Handy, dass er noch nach einem Parkplatz für sein Auto sucht. Alfred befestigt sein Kartenmaterial auf der Lenkertasche. Er hat eine halbe Nacht getüftelt, um eine interessante Rundtour für vier Tage aus den zahlreichen Routenvorschlägen und Radwanderführern zusammenzustellen. Nun müssen wir erstmal aus dem Verkehr der Innenstadt hinausfinden. Überraschend schnell umgibt uns freie Natur, Felder und Wiesen bis zum Horizont.

Inzwischen steht die Sonne höher und wärmt uns den Rücken. Wir fahren zunächst Richtung Westen und folgen der Niederrheinroute. Der geschwungene Pfeil mit der roten Spitze leitet uns. An mancher Abbiegung ist der kleine runde Wegweiser erst im letzten Moment zu erkennen. Rund 2000 Kilometer Radwegenetz gibt es zwischen Erkelenz und Emmerich. Gut, dass Alfred unsere vorgesehene Rundtour auf seiner Karte vorher markiert hat.

Nachdem wir die großstädtischen Verkehrsgeräusche hinter uns gelassen haben nehmen wir die lebhaften Stimmen der Vögel wahr. Das frische Grün tut den Augen gut nach den langen grauen Wintermonaten. Gut gelaunt rollen wir auf schmalen Straßen und Wirtschaftswegen zwischen frisch gepflügten Äckern dahin. Zwei junge Reiterinnen lassen sich in ihren Sätteln elegant vorbeitragen. Wir passieren einen Reiterhof. Pit ist begeistert von den rassigen Stuten. Fasziniert beobachten wir, wie die langbeinigen Fohlen neben den Muttertieren daher staksen, jede ihrer Bewegungen fast synchron nachahmend.

Radlergruppe fährt über einen Feldweg
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Hinter dem lichten Hardter Bruchwald gelangen wir ins Naturschutzgebiet Schwalmtal. Wir sind überrascht über eine Reihe gut erhaltener niedriger Riethdachhäuser. Von den Wassermühlen entlang der Schwalm ist die Mühlrather Mühle die beeindruckendste. Vor allem Getreide und Öl wurde hier früher gemahlen. Am Hariksee hat das Cafe Inselschlösschen gerade die Seeterrasse für den bevorstehenden Ansturm der Osterausflügler hergerichtet. Heute haben wir den herrlichen Pausenplatz an der Sonne noch exklusiv für uns. Bald stehen heiße Waffeln und Apfelkuchen auf dem Tisch. Wie gut, dass wir wieder auf Ostertour sind!

Einige Kilometer weiter führt uns unsere Route durch den mittelalterlichen Ort Brüggen. Die mächtige Burganlage gibt eine gute Kulisse fürs Gruppenfoto ab. Im weiteren Verlauf folgen wir der Zweiländerroute - gekennzeichnet durch einen europablauen Kreis mit zwei gelben Sternen darin. Wir bewegen uns hier besonders nahe an der niederländischen Grenze. Nach einer Weile stoßen wir auf das Flüsschen Nette. Am späten Nachmittag erreichen wir Nettetal, genauer den Ortsteil Lobberich. Noch herrscht hier geschäftiges Kleinstadtleben. Als die Geschäfte schließen kehrt rasch fast beklemmende Ruhe ein. Wir lassen uns nach 55 Radkilometern genussvoll das Radlerbier durch die Kehle rinnen. In dieser Nacht schlafen wir tief und traumlos.

2. Tag:

Der Karfreitagmorgen erwartet uns mit blankem Frühlingsblau. Gegen 11.00 Uhr haben wir bereits die Krickenberger Seenplatte erreicht, ein "Naturerlebnisgebiet von landschaftlicher Naturschönheit mit viel Erholungsgrün" wie es im Begleitheft zur Radwanderkarte des Kreises Viersen heißt. Lachend geben wir den Wirtschaftsförderern recht. Zwölf von Wäldern eingefasste Seen und ein prächtiges Schloß gibt es hier. Irene schaut versonnen auf die gleißende Wasserfläche und beißt in einen Apfel. Uli und Reinhard haben Spaß daran, auf einem Baumstamm entlang zu balancieren, der knapp über der Wasseroberfläche weit in den See hinausragt.

Wir radeln weiter durch die abwechslungsreiche Landschaft und genießen die Sonne und den Fahrtwind im Gesicht. Ein schweißtreibender Anstieg am Rand der Hinsbecker Schweiz belohnt uns mit einer wunderbaren Abfahrt. Das Kloster Mariendonk, eine alte Benediktinerabtei, strahlt Ruhe aus. Hier können zivilisationsmüde Menschen auftanken, meditieren, spirituelle Impulse finden.

Unser nächstes Ziel ist Wachtendonk. Gerd hat das sehr gut erhaltenen mittelalterliche Örtchen von einer früheren Radtour in guter Erinnerung. Während er einige Inschriften an den Hausgiebeln entziffert, holpern wir im Schritttempo über das Kopfsteinpflaster. Von einem Platz vor dem altdeutschen Gasthaus in der Nähe der Kirche aus lassen wir die beschauliche Atmosphäre eine Weile auf uns wirken.

Auf unserer weiteren Route Richtung Norden fallen uns immer häufiger die typisch gefurchten großen Spargelfelder auf. Manche sind mit Plastikfolien abgedeckt, um das Wachstum der kostbaren weißen Stangen unter der Erde anzuheizen. Das Spargeldorf Walbeck wirbt schon mit frischem Spargel. Mechthild ist skeptisch: reifen deutschen Spargel gibt es ihrer Meinung nach frühestens im Mai. Wir sind gespannt, denn Walbeck bei Geldern ist unsere nächste Übernachtungsstation. Direkt gegenüber der Kirche liegt unser bed & bike Hotel. Ob wir zum Abendessen Spargel möchten werden wir bei unserer Ankunft gleich gefragt. Seit einer Woche werde "gestochen" und der Vorrat sei begrenzt. Na klar wollen wir! Wir machen noch einen Spaziergang zur Windmühle am Ortsausgang. Nach rund vier Stunden Auf-dem-Sattel- Sitzen und In-die-Pedale-Treten ist das Gehen eine Wohltat. Aber schon bald sitzen wir am Tisch und bekommen den frischen Spargel serviert. Zwei Portionen sind auf einem Tablett angerichtet, sieben große Stangen liegen mit dem Kopf zur einen, sieben zur anderen Seite. Das ist ohne Zweifel der kulinarische Höhepunkt unserer Reise.

3. Tag:

Der nächste Morgen überrascht uns mit bedecktem, deutlich kühleren Wetter. Ein flacher Himmel mit grauen und weißen Wolken spannt sich über dem Niederrhein. Irgendwo am Horizont sieht man fast immer einen spitzen Kirchturm. Die regionale Backsteinarchitektur ist uns inzwischen vertraut. Die rötlichen Töne passen gut in diese Landschaft. Verena unterscheidet mit Kennerinnenblick die unterschiedlichen Varianten vom stimmigen Original bis zur Fälschung mit schlechter Fugenfarbe.

Immer wieder sehen wir Wildenten auffliegen, Fasane suchen im Feld nach Futter, Bussarde kreisen hoch in der Luft. Endlich entdecken wir auch echte Hasen. Ihr Fell unterscheidet sich nicht vom Acker, auf dem sie ihre Haken schlagen. Deutlich kann man die langen Löffelohren erkennen. Am Ostersonntag begegnet uns kein einziger Hase mehr - sie scheinen alle zu tun zu haben.

Auf dieser Tagesetappe wechseln wir mehrfach die Themenroute. An manchen Wegekreuzungen sind sechs bis sieben Radwegweiser nebeneinander angebracht. Sie sollen jeweils regionale Rundtouren markieren. Alfred muss sich echt konzentrieren, um uns auf dem schönsten Weg Richtung Kempen zu führen. Verkehrsreiche Straßen müssen wir höchsten einmal überqueren. Einmal schauen wir von einer Autobahnbrücke auf den Verkehr hinunter. Für uns sieht es aus, als laufe da unten ein sinnloses Auto- und Motorradrennen. Wir sind froh, ein paar Meter weiter wieder in die niederrheinische Feld- und Wiesenlandschaft einzutauschen.

Radlergruppe fährt durch einen Ort
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Plötzlich fährt uns der Schreck in die Glieder. Bei einem Bremsmanöver stoßen Irene und Verena seitlich so aneinander, dass beide samt Fahrrad auf dem Asphalt landen. Glücklicherweise ist nichts passiert. Wir sind erinnert, wie aufmerksam jeder auch beim genussreichsten Genussradeln sein muss. Gabi und Gerd tragen konsequent einen Schutzhelm. Sieht besonders bei Gabi chic und sportlich aus und ist sicher eine vernünftige Entscheidung.

Ein Hinweisschild fällt uns auf: Fossa Eugeniana. Zu Fuß folgen wir einem ansteigenden Pfad in den Wald und stehen vor einem Graben. Wir lesen, dass hier eine Verteidigungslinie mit einer Reihe von noch sichtbaren Schanzen aus napoleonischer Zeit, nach der Herzogin Eugenia benannt, verlief. Der Himmel ist immer noch bedeckt. Aber auf dieser Ostertour können die Regenjacken in der Tiefe der Satteltaschen stecken bleiben. Werkzeug sollte jedoch immer einigermaßen griffbereit sein. Es gibt zwar keine Panne, aber Uli braucht zwischendurch eine Weile, um die Gangschaltung an Pits Rad wieder voll funktionsfähig zu machen.

An diesem Samstag scheint sich die Gastronomie gegen uns verschworen zu haben. Jedenfalls haben alle Gasthäuser auf unserer Route geschlossen. Vor den Osterfeiertagen ist das verständlich. Gegen 16.00 Uhr ist unser Hunger so groß, dass uns die Wirtin der idyllisch gelegenen Waldschänke wie eine Retterin erscheint. Gestärkt machen wir uns auf die letzte Tagesetappe.

Als wir in das Städtchen Kempen hinein fahren, fragen wir uns sofort, woher dieser harmonische erste Eindruck kommt. Es fällt auf, dass es weder fahrende noch parkende Autos gibt. Fußgänger und Radfahrer dominieren. Selbst die großen Kaufhausketten haben ihre Läden zurückhaltend in restaurierten zweigeschossigen Häusern untergebracht, ebenso das alte Lichtspielhaus. Im Hotel Alt Kempen werden wir von einer liebenswürdigen kroatischen Familie begrüßt. Als Entschädigung für die Baustellensituation im Hoteleingang bekommen wir erstmal einen kräftigen Schluck Rotwein. Unsere Fahrräder bringen wir wie alle Innenstadtanwohner in einer nahe gelegenen Tiefgarage unter.

Der große von Bäumen bestandene Marktplatz liegt im Schatten der Propsteikirche. Am späten Abend, nach der Ostermessfeier, lodert auf dem Kirchplatz ein schönes Osterfeuer. Wir scharen uns mit den Gemeindemitgliedern um die wärmenden Flammen.

4. Tag:

Am Ostermorgen wecken uns die Kirchenglocken mit vollem Klang. Die schmucken Häuser stehen gegen wieder klaren Himmel. Unsere Stimmung ist bestens. Wir folgen dem Schild "Altstadtrundgang" und entdecken die ältesten Gassen der sympathischen Stadt. Dann verlassen wir Kempen Richtung Westen.

Noch einmal radeln wir durch die typische Bruchlandschaft des niederländisch-deutschen Grenzgebietes. Erlenbrüche und Kopfweidenreihen prägen das Bild der Niersauen. Während wir ruhig dahinrollen ertönt ein Klingelzeichen. Handyanrufe lösen längst keine hektischen Bremsmanöver mehr aus, sie gehören inzwischen zu den Begleiterscheinungen unserer Ostertouren.

Schneller als erwartet liegt der Hauptbahnhof vor uns. Ein kurzer herzlicher Abschied, und wir erreichen noch den nächsten Zug. Es war wieder ein entspannendes Gruppenerlebnis: viel gemeinsames Lachen und Genießen, manches intensive Gespräch und für jeden genügend Zeit zum träumen.

Als wir im Zug sitzen, strecken wir die Beine genüsslich lang aus. Jetzt erst spüren wir in den Gliedern, dass wir rund 200 Kilometer geradelt sind und vier Tage fast nur an der frischen Luft waren. Wir trinken den letzten Schluck aus unseren Trinkflaschen und lassen noch mal die Tüte mit den Schokoladeneiern kreisen.

Durch die Zugfenster sehen wir die Landschaft unwirklich schnell vorbeirasen.

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