Theorie und Vergleich zwischen Kettenschaltung und Nabenschaltung

Einleitung

Die Diskussion für die Kettenschaltung oder für die Nabenschaltung wird an den Vor- und Nachteilen der Nabenschaltung geführt.
So heissen die Argumente zur Nabenschaltung: wartungsfrei, einfacher zu schalten, höhere Reibung, zu teuer, selbst nicht zu reparieren.
Richtig objektiv wird die Disskussion nicht geführt. Dieser Artikel soll die Begriffe erklären und die theoretischen Grundlagen vermitteln.
Mit Ihrer persönlichen Meinung und Ihrer Erfahrung wird Ihnen dadurch die Wahl erleichtert.

Begriffserklärungen

Shimano HG Kassette

Zahnkranzpaket / Kassette:
Das Kassettenpaket ist am Hinterrad auf dem Freilauf montiert und beinhaltet mehrere Ritzel. Der Freilauf ist notwendig, damit die Kette beim Rollen des Rades nicht mitdreht. Die einzelnen Ritzel des Kassettenpakets werden je nach Hersteller miteinander verschraubt oder ineinander gesteckt. Einzelne Ritzel sind nach einem Defekt oder Verschleiss austauschbar. Das gesamte Kassettenpaket wird auf den Freilauf gesteckt und mit dem äussersten Ritzel auf dem Freilauf verschraubt. Zum Auswechseln der Kassette muss das kleinste Ritzel mit dem Freilauf gelöst werden, was nur funktioniert, wenn der Freilauf mit einem Hebel blockiert wird.

 

Shimano LX Kurbel

Kettenblätter:
Werden auf der Kurbel montiert. Bei billigen Ausführungen sind die Kettenblätter mit der Kurbel verschweist. Bei allen anderen verschraubt. Wieviele Kettenblätter an der Kurbel montiert sind, hängt von der Schaltung ab. Bei Nabenschaltungen (am Hinterrad) hat man üblicherweise nur ein Kettenblatt an der Kurbel. Rennräder üblicherweise 2 Blätter in großer Abstufung und bei Trekkingrädern, Moutainbikes und Reiserädern 3 Kettenblätter. Zu erwähnen sei noch, dass die Blätter mit 4 oder 5 Befestigungslöchern erhältlich sind, dazu kommt noch die Inkompatiblität des Lochkreisdurchmessers zwischen den Herstellern.

Ritzel:
Sind die auf einander gesteckten bzw. geschraubten gezackten Scheiben. Die Zacken sind notwendig, damit die Kette sich dort einhaken kann.

Zähne:
Sind die Zacken auf den Ritzeln bzw. Kettenblättern, damit sich die Kette darin einhaken kann.

Shimano LX Umwerfer

Umwerfer:
Sorgt dafür, dass die Kette auf den Kettenblätter an der Kurbel gewechselt werden kann. Diese Zwangsführung ist etwas brutaler als die beim Schaltwerk. Die Kette wird bei Betätigung des Umwerfers recht hart auf das kleinere Kettenblatt geworfen und auf das größere Kettenblatt gezwungen. Damit die gezwungene Kettenführung einfach und leicht verläuft, gibt es kleine Steigunghilfen an den Kettenblättern.

 

Shimano LX Schaltwerk

Schaltwerk:
Ist das Teil am Fahrrad was dafür sorgt, dass die Kette auf ein anderes Ritzel auf der Kassette wechsel kann (Zwangsführung). Gleichzeit sorgt das Schaltwerk für die richtige Kettenspanung, die sich zwangsläufig ändert wenn von großen auf ein kleineres (oder umgekehrt) Ritzel gewechselt wird. Am Schaltwerk werden die beiden Anschläge eingestellt, damit die Kette nicht zwischen Kassette und Speichen bzw. nicht von der Kassette fallen kann. Die Kunststoffrollen sorgen für eine sichere Führung der Ketten auf die Ritzel der Kassette.

 

Foto der Speedhub 500 14

Nabengetriebe / Nabenschaltung:
Hierbei sind alle Schaltelemente und Ritzel in einem Planetengetriebe innerhalb der Nabe angebracht. Die Nabe ist um einiges dicker als die bei der Kettenschaltungen. Je mehr Gänge vorhanden sind, desto dicker ist die Nabe mit seinem Schaltwerk.

Entfaltung:
Wie weit ich in Meter bei einer Kurbelumdrehung komme, ist von dem Übersetzungsverhältnis des Kettenblattes zum Ritzel wie auch von der Reifengröße abhängig. Die Reifengröße ist deshalb wichtig, weil daraus der Umfang der Lauffläche ermittelt wird.
Mit dem Entfaltungsrechner können Sie selbst Ihre Kombination berechnen lassen.

Trittfrequenz:
Beschreibt die Kurbelpedalumdrehung pro Minute. Aus Gründen der Belastung in den Kniegelenken soll sie zwischen 80 und 100 Umdrehungen pro Minute liegen. Rennradfahren treten noch höhere Trittfrequenzen. Gerade Anfänger machen hier den Fehler und treten schwer in die Pedale mit einer Trittfrequenz von 30 - 60 Umdrehungen pro Minute und beklagen dann Knieschmerzen.

Freilauf:
Der Freilauf ist dazu notwendig, damit sich die Pedale ohne Tritt bei fahrendem Rad nicht mitdrehen, es sogar möglich ist rückwärts zu treten. Der Freilauf ist in der Hinterachse eingebaut. Kettenschaltungen sind üblicher Weise mit Freilauf. Bei Nabenschaltungen gibt es welche mit und ohne Freilauf. Wenn kein Freilauf vorhanden ist, hat der Rückwärtstritt die Funktion einer Rücktrittsbremse.

Übersetzungsverhältnis / Zahnverhältnis:
Zahnverhältnis = Anzahl der Zähne auf dem Kettenblatt / Anzahl der Zähne auf dem Ritzel = Zv / Zh.

Übersetzung:
Man spricht von einer Übersetzung, wenn das Übersetzungsverhältnis größer als 1 ist. Das Hinterrad dreht schneller als die Pedalkurbel. Ist bis auf Bergfahrten eigentlich immer der Fall.

Untersetzung:
Man spricht von einer Untersetzung, wenn das Übersetzungsverhältnis kleiner als 1 ist. Das Hinterrad dreht langsamer als die Pedalkurbel. Wird häufig am Berg benutzt.

Theorie

Die Fahrgeschwindigkeit wird in Stundenkilometer mit der Einheit Km/h (Kilometer pro Stunde) angegeben. Diese Zahl (eigentlich die Einheit) ist bei weiterer Betrachtung eher unhandlich, weil es keine Grundeinheit ist. Als Grundeinheit kommt m/s (Meter pro Sekunde) in Frage. Die Umrechnung von Km/h in m/s ist sehr einfach, in dem der Stundenkilometerwert durch 3,6 geteilt wird, erhalten wir die Geschwindigkeit in Meter pro Sekunde m/s. Bsp.: 36km/h = 10m/s
An dieser Zahl kann man auch gut erkennen, wieviel Meter man bei einem plötzlichen Ereignis fährt, bis die Schrecksekunde vorbei ist (in diesem Beispiel sind es 10m bei einer Schrecksekunde!).

Eine Schaltung am Fahrrad ermöglicht uns die Trittfrequenz an die gerade gefahrene Situation anzupassen. In der Ebene werden wir einen mittleren Gang nutzen, am Berg sicherlich einen kleineren und Bergab schalten wir in einem großen Gang. Die Begriffe kleinere, mittlerer und großer Gang beschreibt das Übersetzungsverhältnis von vorderem Kettenblatt zu hinterem Ritzel. So ist es mit einem linear abgestuften Übersetzungsverhältnis möglich, immer in der optimalen Trittfrequenz zu fahren.

Die Frage nach "Wieviele Gänge hat das Fahrrad?" wird fälschlicher Weise immer mit der theoretisch möglichen Anzahl von Schaltkombinationen beantwortet. Diese berechnet sich aus Kettenblätter vorne mal Ritzelanzahl hinten (Bsp.: 3 * 8 = 24).
Dabei wird vollkommen ausser acht gelassen, dass es eine Reihe von verbotenen Kombinationen gibt, wo die Kette zu schräg steht. Dazu kommen noch eine Reihe von Kombinationen deren Übersetzungsverhältnis annähernd gleich sind und somit auch keine echten Gänge darstellen.
Unterm Strich können Sie froh sein, bei einem 24-Gang Fahrrad 16 echte Gänge zu haben.

Somit kommt auch die Königsklasse der Nabenschaltungen ins Spiel: die Rohloff SpeedHub 500/14. Mit ihren echten 14 Gängen hat sie nur unwesentlich weniger echte Kombinationen als eine 24-Gang Kettenschaltung.
Um das zu Überprüfen schauen Sie sich bitte die unten stehende Tabelle an.

Andere Übersetzungen können Sie im Entfaltungsberechner selbst einstellen und berechnen lassen.

 
Kassette
kleines Kettenblatt
22
mittleres Kettenblatt
32
grosses Kettenblatt
44
11 1 : 2 1 : 2.9 1 : 4
12 1 : 1.83 1 : 2.66 1 : 3.66
14 1 : 1.57 1 : 2.28 1 : 3.14
16 1 : 1.37 1 : 2 1 : 2.75
18 1 : 1.22 1 : 1.77 1 : 2.44
21 1 : 1.04 1 : 1.52 1 : 2.09
24 1 : 0.91 1 : 1.33 1 : 1.83
28 1 : 0.78 1 : 1.14 1 : 1.57
32 1 : 0.68 1 : 1 1 : 1.37

(Shimano Deore LX-Gruppe:
Kassette CS-HG80-9 11-32Z, Kettenblätter FC-T661 44-32-22Z)

Aufbau Kettenschaltung

Für eine Kettenschaltung wird zusätzlich zur Kette vorne eine Kurbelgarnitur und hinten eine Kassette benötigt.
Die Kurbelgarnitur (vorne) kann aus einem oder bis zu drei Kettenblätter bestehen.
Die Kassette (hinten) kann heute üblich zwischen 6 und 10 Ritzeln bestehen.
Damit man überhaupt von einer Kettenschaltung sprechen kann, müssen mindestens an einer Stelle mehrere Ritzel bzw. Kettenblätter vorhanden sein.
Zur Wahl des Ganges wird mit einer mechanischen Hilfskomponente die Kette zwangsgeführt von einem Ritzel bzw. Kettenblatt zum anderen gelegt.
Dazu bedient man sich an der Kurbelgarnitur eines Umwerfers. Dieser legt die Kette einfach auf das andere Blatt und die Kette fällt entweder direkt hinunter oder wird über kleine Hilfsteigen nach oben transportiert.
Im hinteren Bereich an der Kassette gibt es das Schaltwerk, welches fein dosiert und durch den Schalthebel gerastert die Kette auf ein anderes Ritzel legt. Auch hier gibt es ensprechende Steighilfen, um ein schnelleres Schalten zu ermöglichen.
Bedingt durch den gerasterten Schalthebel kann das Schaltwerk nur sequentiell die Gänge durchfahren, also ein Sprung von z.B. Gang 3 nicht auf Gang 6 erfolgen, ohne die anderen Gänge zu belegen.
Aufgrund der unterschiedlichen Blattdurchmesser und Ritzeldurchmesser und einer immer gleiche langen Kette, besteht das Problem, dass die Kette in allen Kombinationen gespannt sein muss.
Das Schaltwerk hat deshalb zusätzlich zur Funktion des Umlegens noch die Aufgabe die Kette zu spannen.

Aufbau Nabenschaltung

Zeichung der Speedhub 500 14 von Rohloff

Grundlegender Gedanke einer Nabenschaltung ist, ein gekapseltes Getriebe an der Stelle zu haben, wo die Trittkraft über die Speichen in die Felge geleitet wird und eine Gangwahl zu haben, ohne das die Kette dazu eine Rolle spielt.

In der Nabenschaltung befindet sich eine Anordnung von Zahnrädern die Planetengetriebe genannt wird. Planetengetriebe deshalb, weil einige Zahnräder (Planetenräder) um ein Hauptzahnrad (Sonnenrad), eingefasst in einem Hohlrad kreisen.

Das Umschalten der Gänge erfolgt durch einen Wechsel der Zahnräder im Planetengetriebe. So werden die Zahnräder ist Stufen ausgelegt und durch verschieben der Zahnräder zueinander ein anderer Gang eingelegt. Das komplette Innenleben einer Nabenschaltung wird dauerhaft in Öl gebadet, um die Reibung an den Zahnflanken und der Lagerstellen zu minimieren.

Von anfänglichen 2er Planetengetriebe durch Fichtel und Sachs (später SRAM) entwickelt, etablierten sich schnell die 3er Planetengetriebe von Fichtel und Sachs sowie von Sturmey-Archer. Diese 3er Gangschaltungen waren lange Jahre Stand der Technik. Erst in den 80er Jahren setzte ein neuer Evolutionschritt mit 5- und 7-Gang Nabenschaltungen ein. Rohloff revolutionierte 1999 den Nabenschaltungsmarkt mit seiner Speedhub 500/14. Mit 14 echten Gängen und einem Übersetzungsbereich von über 500% setzt diese Nabenschaltung echte Masstäbe für den Wettbewerb.

Die Ganganwahl ist bei Nabenschaltung ähnlich komfortabel gelöst, wie bei Kettenschaltungen. Entweder wird durch einen Drehgriff oder einem Schalthebel der Gang gewechselt. Einziger Unterschied ist, das bei Nabenschaltungen üblicher Weise zwei Schaltdrähte verlegt werden müssen.

Typische Kombinationen

Es haben sich typische Kombinationen über die Jahre etabliert.

  • 1-Gang Fahrrad (ohne Schaltung)
  • 3-Gang, 5-Gang und 7-Gang Fahrrad mit Nabenschaltung (SRAM, Shimano)
  • 9-Gang (Shimano) und 14-Gang (Rohloff) Fahrrad mit präzsions Nabenschaltung
  • 2 * 8-10-Gang Rennrad mit zwei Kettenblättern vorne und mit 8- bis 10-Gang Kassette in Kettenschaltung (Campagnilo, Shimano, SRAM)
  • 3 * 7-10-Gang Fahrrad mit drei Kettenblättern vorne und mit 7- bis 10-Gang Kassette in Kettenschaltung (Shimano, SRAM, Suntours)
  • 3 * 7-Gang Fahrrad als Sonderstellung mit einer Kombination aus 3-Gang Nabenschaltung und 7-Gang Kettenschaltung (SRAM)

Vorteile und Nachteile

ThemenbereichKettenschaltungNabenschaltung
Kettenverschleisserhöhter Kettenverschleiss durch Schräglaufkaum Kettenverschleiss
gibt es verbotene Schalt-Kombinationen?Ja, Schaltungskombinationen, wo die Ketten von ganz aussen nach ganz innen oder umgekehrt geführt wird.keine
gekapselter Kettenschutz möglich?Nur im Bereich der Kurbelwelleist vollständig möglich
SchaltvorgangPedal muss gedreht werden, um einen Gang zu schaltenPadel mus kurz angehalten werden, um einen anderen Gang zu schalten.
Schalten unter LastKann unter Last geschalet werden.Schalten unter Last nicht erlaubt.
reduzierter Wirkungsgrad durch Reibung?geringe Reibung an Kette und Ritzel und dadurch hoher Wirkungsgraddie Nabenschaltung hat einen erhöhte Reibung im Planetengetriebe, daher auch einen schlechteren Wirkungsgrad.
schnelles runterschalten in einen kleinen Gang (Not-Anker)Ist durch umwerfen der Kette auf ein kleineres Kettenblatt sofort möglichIst nicht möglich, da alle Gänge nur nacheinander geschaltet werden können. Kein Überspringen möglich.
Wartung / Pflegeaufwendig
wöchentliches Ölen der Kette. Monatliches reinigen der Antriebseinheit. Ketten, Kettenblätter und Kassette müssen nach einigen Tausend Kilometern gewechsel werden
wartungsarm
Jährlich einmal Ölwechsel der Nabe
GewichtShimano Deore XT-Gruppe:
Gewichtsfaktor 1
Rohloff Speedhub 500/14:
Gewichtsfaktor 2 - 2,5
Preisin gleicher Qualitätsgruppe preiswerterin gleicher Qualitätsgruppe teurer

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